SPD Ering

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Asböck: "Parteispitze hört Basis nicht mehr"

Veröffentlicht am 03.03.2011 in Veranstaltungen

Eggenfelden. Politischer Aschermittwoch der SPD in Eggenfelden: Entstanden ist diese Veranstaltung vor Jahren, als es darum ging einen Saal zu belegen, der sonst eventuell von einer rechtsradikalen politischen Gruppierung angemietet worden wäre. Mittlerweile ist sie schon fast Tradition − und so konnte der Kreisvorsitzende der Jungsozialisten, Christian Haas, im gut gefüllten Stadtsaal das Publikum nicht nur zum Fischessen, sondern auch zu engagierten Statements begrüßen.

MdL Bernhard Roos ging auf soziale Fragen ein. Die Rente mit 67 stellte er in Frage und forderte individuelle Lösungen mit flexiblen Übergängen für Beitragszahler, die lange Jahre schwer gearbeitet haben: „Schon 65 ist zu spät, wenn es ein Arbeitsleben mit großen Belastungen war“, so Roos, der klar stellte: „Da darf es dann auch keine Abschläge geben.“

Sebastian Roloff, Mitglied des SPD-Landesvorstandes und Vorsitzender der Jusos in der Oberpfalz, stellte klar, dass die Bundesregierung sogar aus Sicht ihrer Klientel eine Enttäuschung sei. „Es sind weder ein Konzept noch eine klare Linie erkennbar.“ Wider besseres Wissen und ohne Argumente sei der Atomausstieg drastisch verzögert worden, der Abbau der Subventionen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes habe den Weg zu erneuerbaren Energien deutlich verlängert. Heftige Kritik übte er an der Besetzung der Bundesregierung: „Der Erhalt des eigenen Amtssessels ist offensichtlich die einzige Motivation, die für diese Leute zählt“, so Roloff, der den „Hype“ um den ehemaligen Verteidigungsminister thematisierte: „Warum wurde Freiherr zu Guttenberg als bester Mann im Kabinett bezeichnet?“ Dafür gäbe es keine Rechtfertigung. In der Außen- und Selbstdarstellung sei der Ex-Minister gut gewesen, ansonsten habe er keine schlüssigen Konzepte gehabt.

Politik, so Roloff, könne aber nicht von einem Tag auf den anderen und nur an Klientel-Interessen angepasst gemacht werden. Wo Schwarz-Gelb Einzelinteressen bediene, hat die SPD nach Überzeugung des Redners Konzepte für die ganze Gesellschaft: Mindestlohn, Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft und Bürgerversicherung nannte er als Beispiele. Auch den Internationalen Frauentag machte Roloff zum Thema. Er kritisierte, dass unter Kanzlerin Angela Merkel als „Quotenfrau“ der Anteil von Frauen in hohen Positionen der Bundesregierung so niedrig sei wie nie zuvor.

Mit einiger Spannung erwartet worden war die Rede von Thomas Asböck, stellv. Landesvorsitzender der Jungsozialisten. Sein Part war es, Anmerkungen zum aktuellen Zustand der SPD vor allem in Bayern zu machen – und natürlich wollte man wissen, wie weit die Auseinandersetzungen gediehen sind, die Asböck in den letzten Wochen mit dem SPD-Landeschef Florian Pronold mit großer Schärfe geführt hatte.

Nabelschau ineigener Sache 

Der Politische Aschermittwoch eigne sich gut für eine „Nabelschau in eigener Sache“, so Asböck. Er sei im Rottal und auch bayernweit viel in der Partei unterwegs, und dies nicht nur bei den öffentlichen Veranstaltungen, sondern auch auf vielen Diskussionen und Ortsvereinsversammlungen. „Gerade das sind aber die eigentlich interessanten Veranstaltungen“, so Asböck, denn hier könne man „reinhören“, was und wie die Basis diskutiert. „Die da oben“ würden oft nicht mehr darauf hören, was „da unten“ diskutiert wird.

Andererseits gäbe es an der Basis nicht mehr viel Verständnis für das Agieren der Parteispitze. „Was die Genossinnen und Genossen an der Parteibasis umtreibt, kommt da meist nicht oder nur sporadisch zur Sprache.“ Das wäre auch kein Problem, wenn der innerparteiliche Willensbildungsprozess noch richtig klappen würde. „Meiner Wahrnehmung nach funktioniert der aber nicht mehr richtig“.

Was er, Asböck, bei vielen Diskussionen immer wieder feststelle, sei eine große Unzufriedenheit innerhalb der SPD mit dem politischen Kurs. „Viele ältere Genossinnen und Genossen sind bitter enttäuscht, dass die große traditionsreiche deutsche Sozialdemokratie mittlerweile so klein geworden ist.“

Viele Parteimitglieder schämen sich nach Asböcks Überzeugung noch heute dafür, dass ausgerechnet eine SPD-Regierung mit Hartz-IV radikale Einschnitte im sozialen Netz gemacht habe und während der SPD-Regierungszeit der Niedriglohnsektor massiv ausgeweitet worden sei. „Freilich ist jedem von uns klar, dass es bei Schwarz-Gelb nicht anders ist, man sieht ja ganz deutlich, dass Merkel und Westerwelle nach der Pfeife der Wirtschaftsbosse tanzen“, so Asböck. Aber gerade deswegen sei die SPD 1998 für viele Menschen im Land ein Garant für mehr soziale Gerechtigkeit gewesen.

„In den sieben Jahren Rot-Grün sind uns Millionen Wähler und tausende Parteimitglieder davongelaufen. In der nachfolgenden Großen Koalition war das kaum anders. Und die Einschätzung vieler Parteimitglieder in den Ortsvereinen und Kreisverbänden ist bis heute, dass uns die Rente mit 67 letztendlich bei der Wahl 2009 den Todesstoß versetzt hat“, kritisierte der Jung-Politiker. Die SPD-Spitze habe daraus aber offensichtlich nichts gelernt. „Manchmal möchte man denen da oben einfach den Rat geben: Hört doch mal auf, so engstirnige Bürokraten zu sein, hört doch mal auf, alles so geschäftsmäßig zu sehen, legt mal wieder mehr Leidenschaft an den Tag und hört wieder mehr auf eure innere Überzeugung. Ich glaube, der SPD und dem Land täte das gut“, appellierte Asböck. Es zeichne die Partei letztlich aus, dass offene Kritik möglich sei, die in anderen Parteien nicht stattfinden dürfe.

(© Quelle: Passauer Neue Presse, 10.03.2011)

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